Rezension: Karin Westerwelle, Baudelaire und Paris. Flüchtige Gegenwart und Phantasmagorie

In einigen Tagen jährt sich zum zweihundertsten Mal der Geburtstag von Charles Baudelaire (9. April 1821 – 31. August 1867). Eine gute Gelegenheit, mit der Rezension des Bandes von Karin Westerwelle, > Baudelaire und Paris. Flüchtige Gegenwart und Phantasmagorie an das Werk des Dichters der Fleurs du mal (1857) zu erinnern.

Die Darstellung von Karin Westerwelle ist mit 567 Seiten wirklich sehr umfangreich, in diesem Fall gibt es allerdings einige Gründe dafür. Vielleicht hätte das Buch auch einen anderen Titel verdient, denn es enthält eine Kultur-, Wirtschafts- und Soziologiegeschichte der Zeit Baudelaires, von der Restauration über die Julimonarchie bis zum Zweiten Kaiserreich und nicht nur nebenbei werden die Werke Baudelaires ausführlich analysiert.

Die Kapitel Stadt als soziologisches Gefüge, die Hauptstadt Paris, das Geld, die Moderne, die Malerei (Kapitel über Baudelaire und Manet), die Tableaux parisiens, Rêve parisien, machen aus diesem Buch einen schwergewichtigen Beitrag zur Kulturwissenschaft. Wenn auch die Analysen der Werke Baudelaires gerade auch im Zusammenhang mit den hier bereits genannten Kapitelüberschriften überzeugen, so wird es im Vorfeld der Publikation sicher auch die Überlegung gegeben haben, zwei Bände aus diesem Manuskript zu machen: Die Stadt der Moderne im 19. Jahrhundert. Kunst, Soziologie und Wirtschaft (AT) und Charles Baudelaire mit dem aktuellen Untertitel. Die Autorin legt das Manuskript in einem Band vor und die Lektüre dieses Bandes erläutert alle Argumente, die dafür sprechen.

Charles Baudelaire ist der Dichter der Moderne, die ästhetische Konzeption seiner Dichtung ensteht in Paris und in der steten Auseinandersetzung mit allen Aspekten der Großstadt, die sich gerade zur Zeit Baudelaires in einem so immensen Umfang gewandelt hat. Baudelaire war Zeitzeuge, als die Moderne in die Stadt einzieht, sie prägt, aber auch wie die Möglichkeiten der Hauptstadt Paris, der Begriff der Moderne in jeder seiner Facetten so reichhaltig geprägt hat. Baudelaires Werke gehen weit über eine dichterische Empfindsamkeit hinaus, er protokolliert diesen Einzug der Modern in die Stadt in seinen Gedichten, in seinen Prosawerken und in seinen Rezensionen über Kunstwerke wie in seinen anderen Untersuchungen zur Kunst. Diese enge Verbindung zu seiner Stadt rechtfertigt die nur augenscheinlich parallele Analyse der Stadt und Baudelaires Werk, beide verweisen untrennbar aufeinander: „Mit Hilfe der Phantasmagorie entwirft Baudelaire in seiner Dichtung eine neue Deutung des städtischen Raums und begründet ein neues Verhältnis des Menschen zum Unsichtbaren.“ (S. 19)

Die Stadt als Erfahrungswelt hat sich Baudelaire wie kaum ein anderer Dichter seiner Zeit als Dandy und Flaneur ohne festen Wohnsitz (vgl. S. 56 ff.) angeeignet. Seine Kritiken zu allen Äußerungen der Pariser Kunstszene waren nicht nur Berichte, sondern drücken auch seine ganze Leidenschaft aus, die Kunst von offizieller Beeinflussung zu lösen: vgl. S. 60 f. Seine eigene Verteidigung der Fleurs du mal gegenüber der Justiz, dass nur die Einheit aller Gedichte der ganzen Sammlung den ihr zugeschriebenen Sinn, nämlich der Warnung vor Morallosigkeit, bewahren kann, war ein Ansinnen, dass die Justiz nicht verstehen konnte und wollte. Seine Ausführungen im Salon 1859 über die Fotografie sind ebenfalls keine bloßen Kritiken, sondern sie sind stilprägend, wie seine Bemerkungen zu seinem Porträtphoto aus der Linse Etienne Carjats 1863: S. 62 f. und vgl dazu: S. 71 ff.

Paris prägt seine Bewohner und sie prägen die Stadt: aus diesem Wechselverhältnis entstehen Monde und demi-monde mit allen ihren Bewegungsformen jeder Art. Als Beispiel sei hier genannt, wie Karin Westerwelle Baudelaires Gedicht Confession auf die Darstellung der Pariser Nachtlandschaft hin untersucht: S. 96-98 und dabei zeigt,  wie beeindruckend es Baudelaire mit wenigen Worten gelingt, das nächtliche Paris vorzuführen. Ebenso gehört das Paris der Geschwindigkeit zu der neuen Moderne, die Baudelaire in Le Peintre de la vie moderne festgehalten hat. Mit Feingefühl untersucht Westerwelle alle Aspekte der Moderne bei Baudelaire und arbeitet ebenfalls heraus, dass dieser kein Vertreter des Fortschrittsgedankens war; für Baudelaire galt nur, was dem Individuum hinsichtlich seiner Entwicklung zugute kam: vgl. S. 113. Daraus folgen Überlegungen zum Dichter und seinem Publikum, vgl. S. 146 ff, mit einer Interpretation des ersten Gedichts der Fleurs du mal „Au lecteur“: vgl. S. 148-158, mit der Westerwelle die Zielgruppe Baudelaires definiert.

Das 3. Kapitel gehört wie eingangs angedeutet in den rein kulturwissenschaftlichen Teil der vorliegenden Darstellung mit der historischen Entwicklung von Paris vom 16. Jahrhundert bis Haussmann und den Weltausstellungen: S. 184-283. Aber auch dieses Kapitel enthält bemerkenswerte Gedichtinterpretationen wir „La Cygne“: „Comme je traversais le nouveau Carrousel“, S. 218-237, womit hier der Erkenntnisgewinn aus der Verbindung zwischen Gedichtanlyse und kulturhistorischer Darstellung gelungen demonstriert wird.

„Die Regeln des Geldes“ werden in einem 4. Kapitel erläutert, ist doch „Die Frage, wie sich das Verhältnis von Literatur und ökonomischen Wert, in der bürgerlichen Epoche bestimmt (…) für Baudelaire zentral:“(S. 293) Comment payer ses dettes quand on a du génie, eine Gebrauchsanweisung, in der er an die Geschäftsgebaren Balzacs „Literat und Ökonom“ (S. 297) erinnert. Geldsorgen waren ein ständiger Begleiter Baudelaires – ein Leben in strengem Kontrast zu der frugalen (offiziellen) Kunstförderung im Zweiten Kaiserreich stand, von der zunächst nicht profitieren wollte, 1857 machte er aber doch eine Eingabe und erhielt eine Unterstützung für seine Poe-Übersetzungen.

Le peintre de la vie moderne ist eine ganz zentrale Schrift im Werk von Baudelaire. Anhand der Werke von Constantin Guys erläutert Baudelaire die ästhetische Darstellung der Moderne. Eine Gelegenheit für Karin Westerwelle den Zusammenhang von Zeichnung und Kommentar wie auch die Künstlerfiguren im städtischen Raum näher zu untersuchen (S. 363 ff.), zu denen auch der Dandy, S. 368 ff. gehört.

Die Begegnung zwischen Baudelaire und Éduard Manet führt zum Erscheinen des Dichters auf dem Bild La Musique au jardin des Tuileries (1862): S. 410-418: hier gelingt es der Autroin  die Beziehung zwischen der Literatur und der Kulturwissenschaft um die Dimension der Kunstbetrachtung zu ergänzen, war es der ziemlich unbekannte Dichter, der mit dazu beitrug, dass die Kritik dieses Bild nur sehr reserviert aufnahm?

Die Tableaux parisiens benötigen ohne Zweifel zu ihrem Verständnis und Einordnung einen kulturhistorischen Hintergrund, den die Autorin in den vorhergehenden Kapiteln bereitgestellt hat: Das 7. Kapitel untersucht den „Reflexionsgehalt“ und die Gattung der Tableaux parisiens. Westerwelle vergleicht die Tableaux mit anderen Gesamtdarstellungen der Stadt Paris und gewinnt so Klarheit über die Eigenheiten der Tableaux, die man heute als Alleinstellungsmerkmale bezeichnet. Gerade in diesen Passagen der Darstellung von Westerwelle wird deutlich, wie gut es ihr gelingt, den Leser zu erneuten Lektüre von Baudelaire anzuregen.

Die Interpretation von Rêve parisien (1860) im letzten Kapitel rechtfertigt den Untertitel dieser Untersuchung Flüchtige Gegenwart und Phantasmagorie. Realität, Traum und Fiktion gehen ineinander über und beweisen wie meisterhaft Baudelaire die Form des Gedichts beherrscht.

Erschöpfend behandelt auch dieses Buch trotz seines Umfangs das Werk Baudelaires keinesfalls. Die besondere Vielfalt seines Werkes erlaubt immer neue Perspektiven, je nachdem welchen Aspekt man betonen möchte. Die Bezüge zur Kunst, die besondere Stellung der Form in seinem Gesamtwerk, die Bezüge seiner Werke untereinander, die Beziehungen Baudelaires zu der Kunstwelt seiner Epoche, seine prekäre wirtschaftliche Lage zugleich aber auch seine Unabhängigkeit, als Voraussetzung für den Erfolg seines künstlerischen Schaffens: Westerwelle weist hier der künftigen Forschung interessante Wege. Sie selber hat zum 200. Geburtstag von Charles Baudelaire vor allem seinen stilbildenden Einfluss auf die ästhetische Interpretation der aufziehenden Moderne und die Folgen für den Kunstbetrieb in der Hauptstadt mit großem Einfühlungsvermögen gewürdigt.

Karin Westerwelle, > Baudelaire und Paris. Flüchtige Gegenwart und Phantasmagorie, Paderborn, Brill/Wilhelm Fink 2020.

ISBN: 978-3-8467-5977-6

Neu: Sartre, Camus und die Kunst. Die Herausforderung der Freiheit

Sartre, Camus und die Kunst. Die Herausforderung der FreiheitHeiner Wittmann, Sartre, Camus und die Kunst. Die Herausforderung der Freiheit.(1) Reihe Dialoghi/Dialogues. Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs. Hrsg. v. Dirk Hoeges, Band 18, > Verlag Peter Lang, Berlin, Bern u.a., 2020. Hardcover. ISBN 978-3-631-83386-5.

Sartre, Camus und die Kunst. Die Herausforderung der Freiheit  untersucht die Überlegungen und Analysen der beiden Autoren zur Ästhetik. Der Streit zwischen ihnen nach der Veröffentlichung von Camusʼ Der Mensch in der Revolte und Sartres Kritik an diesem Buch führte 1952 zum Bruch ihrer Freundschaft. Wenn man aber die Funktion und die Bedeutung von Freiheit und Kunst in ihren Werken analysiert, werden fundamentale Übereinstimmungen erkennbar, die in dieser Studie dargestellt werden.

Wittamnn, Sartre, Camus und die Kunst. Die Herausforderung dere FreiheitZum Herunterladen >>>

Inhalt:
1. Wols und das blaue Phantom
2. Von den Porträtstudien zur Theorie
3. Die Methode der Porträttechnik
4. Skulpturen und Mobiles. Von Giacometti zu Calder
5. Die Poetik von Stéphane Mallarmé
6. Saint Genet oder wie macht ein Individuum aus sich einen Künstler?
7. Tintoretto und die „Schule des Sehens“
8. Der Künstler ist ein Verdächtiger
9. Albert Camus: Auf der Suche nach einer Moral
10. Camus und die Kunst als eine Antwort auf das Absurde
11. Moral und Revolte
11.1. Die Geschichte der Revolte
11. 2. Eine Ästhetik der Revolte
12. Die Kunst als moralische Verpflichtung
13. Albert Camus und Jean-Paul Sartre

Rezensionen:

Jorge Muñoz Navarro, Heiner Wittmann. Sartre, Camus und die Kunst. Die Herausforderung der Freiheit. Reihe Dialoghi/Dialogues. Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs. Hrsg. v. Dirk Hoeges, Band 18, Verlag Peter Lang, Berlin, Bern, 2020m in:;
Interpretatio. Revista de hermenéutica,
Núm. 1 (2022), 149-152: >  Download.
2009 erschien der Band > Aesthetics in Sartre and Camus. The Challenge of Freedom. Translated by Catherine Atkinson, Reihe Dialoghi/dialogues. Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs.Edited by Dirk Hoeges, vol. 13, Verlag Peter Lang, Frankfurt, Berlin, Bern u.a., 2009. Hardcover. ISBN 978-3-631-58693-8.

2019 schlug mir > Professor Dirk Hoeges (1943-2020) vor, die deutsche Fassung des Bandes, der beide Studien über Sartre und Camus in gekürzter Form auf Englisch vereint, nun auch auf Deutsch in seiner Reihe „Dialoghi/Dialogues. Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs“ in einer überarbeiteten und ergänzten Form zu veröffentlichen.

Der Band, der im September 2020 – auch als  E-Book –  erschienen ist, enthält jetzt zusätzlich die Vorträge über die Studien, die Sartre über Stéphane Mallarmé und Jean Genet angefertigt hat.

Editionsplan: Als Dissertation erschien H. Wittmann, Von Wols zu Tintoretto. Sartre zwischen Kunst und Philosophie, Frankfurt/M. u.a, 1987. 1996 folgte eine zweite erweiterte Auflage: Sartre und die Kunst. Die Porträtstudien von Tintoretto bis Flaubert, Gunter Narr Verlag, Tübingen 1996. Dann folgte Albert Camus. Kunst und Moral, Reihe Dialoghi/dialogues. Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs. Hrsg. Dirk Hoeges, Verlag Peter Lang, Frankfurt/M u.a. 2002. Danach erschienen beide Studien leicht gekürzt in einem Band auf Englisch: Aesthetics in Sartre and Camus. The Challenge of Freedom, translated by Catherine Atkinson, Reihe Dialoghi/dialogues. Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs, ed. by Dirk Hoeges, vol. 13, Verlag Peter Lang, Frankfurt, Berlin, Bern u.a., 2009. Diese Studie wurde um zwei Vorträge, die bei den Kolloquien der Groupe d’Études sartriennes über Stéphane Mallarmé und Jean Genet gehalten wurde, zu beiden hatte Sartre umfangreich Porträtstudien angefertigt, und wurde auf Deutsch veröffentlicht: Heiner Wittmann, Sartre, Camus und die Kunst. Die Herausforderung der Freiheit. Reihe Dialoghi/Dialogues. Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs. Hrsg. v. Dirk Hoeges, Band 18, Verlag Peter Lang, Berlin, Bern u.a., 2020.

Un manuel de photographie: Michel Sicard & Mojgan Moslehi, Temps interférentiel dans la photographie

french german 

Charles Baudelaire (1821-1867)

Prof. Dr. Karin Westerwelle (Münster) und Priv.-Doz. Dr. Karl Philipp Ellerbrock (Jena) haben unter dem Titel > Die Verwandlung von Paris.Repräsentation, Inszenierung Ironie, Charles Baudelaire zum 200. Geburtstag eine Internationale Tagung an der Universität Münster vom 16.-19.6.2021, angekündigt: „Zum zweihundertjährigen Geburtstag Baudelaires, der am 9. April 1821 in Paris nahe dem Boulevard St. Michel geboren wurde, will das in Münster für den 16. bis 19. Juni 2021 geplante Kolloquium den großen Dichter und Kunstkritiker Charles Baudelaire würdigen. Sein Werk soll unter heutiger Perspektive der Tradition der Literatur und Künste, aber vor allem auch unter dem Blickwinkel unserer Erfahrung von Welt und Sprache neu erfasst werden.“

> Programm

Auf unserem Blog:

> Napoleon III. Macht und Kunst

> Rezension: Walburga Hülk, Der Rausch der Jahre. Als Paris die Moderne erfand

> Une introduction à l’étude des Fleurs du Mal

Bibliographie:

Karin Westerwelle, Baudelaire und Paris. Flüchtige Gegenwart und Phantasmagorie, Paderborn, Verlag Wilhelm Fink 2020.

Wird ergänzt.

Das Porträt von Niccolò Machiavelli von Oliver Jordan

Gerade ist von Oliver Jordan der Band > Portraits Band / Volume I Herausgeber: Ralf-P. Seippel, im Kehrer Verlag Heidelberg Berlin erschienen, Festeinband 24 x 28,5 cm 272 Seiten 289 Farbabbildungen Deutsch, Englisch ISBN 978-3-86828-817-9.

> Oliver Jordan – Artist – Artworks

In diesem Band zeigt er sein Porträt des Florentiners Niccolò Machiavelli: >>>>>
Oliver Jordan
Niccolò Machiavelli
Porträt 2019, Öl auf Leinwand

Zu diesem Porträt hat Eva Regtmeier für diesen Band einen Aufsatz verfasst: „Ars und Virtù“, in dem sie an > Prof. Dr. Dirk Hoeges (1943-2020) und ihre Begegnungen mit dem Maler Oliver Jordan berichtet: “

Angeregt durch das interdisziplinäre Projekt zu Albert Camus – unser beider Favorit als Romanisten – machte mein Lebenspartner Dirk Hoeges den Vorschlag, ein Portrait von Niccolò Machiavelli zu malen, und so stellte er Oliver Jordan seine Forschungsergebnisse in seinen Büchern zu Machiavelli zur Verfügung.

Wie Dirk Hoeges nach fünfhundert Jahren die erste vollständige Übersetzung der Poesie Machiavellis vorlegte, so ist Oliver Jordans Machiavelli das erste Porträt der Neuzeit des Florentiner Poeten und Politikers. Es basiert auf dem in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts posthum von Santi di Tito in Öl auf Holz geschaffenen Porträt, das sich im Palazzo Vecchio in Florenz befindet, der einstigen Wirkungsstätte Machiavellis, in der Sala Vecchia Cancelleria.“

Eva Regtmeier erklärt stellt in ihrem Aufsatz das Porträt Machiavellis vor: „Nicht zufällig rückt Oliver Jordan die Augen Machiavellis zentral in die Mitte des Bildes. Helle pastose Linien, die in alle Richtungen weisen, im Epizentrum des Bildes positioniert, durchkreuzen Augen, Nase und Wangen. Sicher kein Zufall, eher Ausdruck des concetto, des Einfallsreichtums des Künstlers, und Metapher für die Strahlkraft der Persönlichkeit des Renaissance-Gelehrten und Staatsdenkers Machiavelli. Das Porträt ist ein Büsten-Porträt, das einen schmalen Streifen der typischen Bekleidung eines Renaissance-Gelehrten sichtbar werden lässt, ein schlichtes schwarzes hochgeschlossenes Gewand, von einer schmalen weißen Halskrause gesäumt.“

Am 15. Januar wird im Verlag > machiavelli-edition der Band von Dirk Hoeges, Der Principe Komplex. Niccolò Machiavelli. Fünfhundert Jahre Missverständnis (im Druck, Köln 2021) erscheinen, der seine Neuübersetzung von Niccolò Machiavellis  Der Fürst/Il Principe und seine beiden Übersetzungen von Castruccio Castracani und Cesare Borgia enthält. Alle drei Texte hängen unmitttelbar zusammen, wurden sie doch auch 1532 zusammen veröffentlicht. Jedem dieser Texte hat Dirk Hoeges ausführliche Analysen gewidmet, die in diesem Band ebenfalls enthalten sind.

Oliver Jordan, > Portraits Band / Volume I: [Klappentext:} „In einer Reihe von insgesamt drei Bänden soll Oliver Jordans mehr als vier Jahrzehnte währender Beschäftigung mit dem Thema Porträt nachgespürt werden: Das Frühwerk; Kunst und Kultur; Begegnungen. Der vorliegende Band widmet sich Porträts aus den Bereichen Kunst und Kultur. Bildende Künstler, Malerkollegen, Literaten, Poeten, Komponisten, Musiker, Philosophen, Kulturschaffende aus Geschichte und Gegenwart stehen im Mittelpunkt. Diese über das immer wiederkehrende Motiv des Porträts betriebene Auseinandersetzung mit der jeweiligen Person und ihrem Werk dient dabei gleichzeitig der eigenen malerischen wie persönlichen Identitätsfindung des Künstlers und ist darüber hinaus ein wichtiges künstlerisches Bekenntnis – vor allem in einer Zeit, in der es notwendig ist, philosophische und ästhetische Werte neu zu beleben. Eine weitere Besonderheit dieser Publikation liegt in der Auswahl der Autoren. Zu jedem Porträtierten gibt es individuelle Autorenbeiträge, die sowohl fachlich als auch persönlich begründet sein können. Wichtig ist die Vielschichtigkeit in Bedeutung, Wirkung und Wahrnehmung deutlich zu machen. Ausgesuchte Experten aus den unterschiedlichen Disziplinen kommen genauso zu Wort wie Sammler, Freunde und Weggefährten.“

 

Napoleon III. – Bibliographie im Bild

Napoleon III. Macht und Kunst, Reihe Dialoghi/dialogues. Literatur und Kultur Italiens und Frankreichs, hrsg. v. Dirk Hoeges, Band 17, Verlag Peter Lang, Frankfurt, Berlin, Bern u. a., 2013.
Hardcover. ISBN 978-3-631-64209-2

Über Napoléon III Sekundärliteratur

Napoleon III. - Bibliographie

> 2048 x 1302

> 1024 x 651

Napoleon III. - Bibliographie

> 2048 x 1242

> 1024 x 621

Auf dem Frankreich-Blog: > Nachgefragt: Eric Anceau, Napoléon III – 18. Februar 18th 2014.

L’artiste vend des visions. Sartre et le Tintoret.
Conférence à Paris


| Vortrag in Köln | Vortrag in Paris |


Heiner Wittmann   > Bibliograhíe: Sartre und Tintoretto

Conférence. Le peintre vend des visions. Sartre et le Tintoret
Avec les études entre autres sur Baudelaire, Flaubert, Mallarmé, Masson, Giacometti et Calder, Jean-Paul Sartre a développé une théorie esthétique. Il a aussi analysé un grand nombre de tableaux du Tintoret. De cette manière, Sartre réussit à découvrir les raisons pour l’immense succès du peintre vénitien.
Musée du Luxembourg, 19 Rue de Vaugirard, 75006 Paris, jeudi 12 avril à 18 h 30.
> Vidéo

L’exposition > Tintoret. Naissance d’un génie
7 mars – 1er juillet 2018 … A l’occasion du 500e anniversaire de la naissance du Tintoret, le Musée du Luxembourg célèbre l’un des plus fascinants peintres … rassemblées rendent compte de la diversité du travail de Tintoret et de sa volonté de frapper l’œil et l’esprit par son audace. …

| Vortrag in Köln | Vortrag in Paris | Kataloge | Bibliographie: Sarte und Tintoretto | Œuvres de Sartre (choix) | Ausstellungen zu Sartre | Bibliographien zum Werk von Sartre | Sekundärliteratur |


Vortrag: > Der Künstler verkauft Visionen. Sartre und Tintoretto
Dr. Heiner Wittmann
Vortrag anlässlich der Ausstellung > Tintoretto – A Star was born – 6. Okt. 2017 – 28. Jan. 2018. Gemeinsam veranstaltet mit der Fritz Thyssen Stiftung im Wallraf-Museum in Köln.
Zeit: Donnerstag, 18.01.2018, 19 Uhr
Ort: Stiftersaal im Wallraf, Köln

Mit den Porträtstudien über Schriftsteller und bildende Künstler u. a. über Gustave Flaubert oder Albert Giacometti hat Jean-Paul Sartre eine ästhetische Theorie entwickelt, mit der er die Bedeutung ihrer Werke untersucht hat. In diesem Rahmen hat er eine größere Studie über Tintoretto und seine Gemälde konzipiert. Mit seinen präzisen Analysen seiner Werke wie „Der Heilige Georg und der Drache“, z. Zt. in der Ausstellung Tintoretto in Köln, und mit dem Vergleich vieler seiner Gemälde untereinander, gelingt es Sartre, ihre gemeinsamen Merkmale und die Gründe für den immensen Erfolg des venezianischen Malers aufzudecken. Das Ergebnis: Eine Anleitung für die Betrachtung seiner Bilder.

H. Wittmann, > Sartre und die Kunst

 

Hinweise auf Bücher: Kunst

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40 ENTRETIENS D’ARTISTES

Martinique, Guadeloupe – Tome 1 (1996-1999)

Sous la direction de Dominique Berthet
Les Arts d’ailleurs
BEAUX ARTS MONDE CARAÏBES Guadeloupe Martinique

L’art des Antilles se caractérise-t-il par une certain nombre d’aspects spécifiques ? Est-il identifiable comme tel ? Voici ici des entretiens d’artistes réalisés entre 1996 et 1999. Ils constituent une première série de témoignages inédits. Les thématiques traitées sont : « Appropriation » (1996), « La critique » (1997), « Trace(s) » (1998), « Hybridation, métissage, mélange des arts » (1999). Tout en présentant leur travail et leur démarche, les artistes expliquent ce en quoi ces notions les concernent.
Broché – > L’Harmattan, Paris • janvier 2016 • 302 pages ISBN : 978-2-343-07455-9

40 ENTRETIENS D’ARTISTES

Martinique, Guadeloupe – Tome 2 (2000-2014)
Sous la direction de Dominique Berthet
Les Arts d’ailleurs
BEAUX ARTS MONDE CARAÏBES Guadeloupe Martinique

Ces 40 entretiens d’artistes contemporains de Martinique et de Guadeloupe rassemblés dans ces deux volumes ont été réalisés entre 1996 et 2014. Les thématiques traitées dans ce second volume sont : « Tradition, modernité, art actuel » (2000), « Marge(s) et périphérie(s) » (2001), « L’audace » (2002), « Errances » (2003), « L’ailleurs » (2004), « Utopies » (2005), « La rencontre » (2006), « La relation au lieu » (2007), « Le fragment » (2008), « L’imprévisible » (2009), « L’insolite » (2010), « Le trouble » (2011), « Transgression(s) » (2013), « Art et engagement » (2014). Ces axes de réflexion sont l’occasion pour les artistes de dire ce que ces notions leur inspirent.

Broché – > L’Harmattan, Paris janvier 2016 • 290 pages ISBN : 978-2-336-30276-8

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Albert Camus und die Kunst

Albert Camus et le monde de l'art

Elisabeth Cazenave,
Albert Camus et le monde de l’art
Préface de Philippe Lejeune
140 illustrations couleur
Atelier Fol’Fer éditions
Co-édition Association Abd-El-Tif, Anet 2009.

Elisabeth Cazenave hat mit ihrem Band Albert Camus et le monde de l’Art (1913-1960) ein livre-témoin vorgelegt. Sie erinnert an die zahlreichen Künstler, denen Camus immer wieder begegnet ist und denen er – das ist diesem Band leicht zu entnehmen – grundlegende Inspirationen für sein Werk verdankt. Auch 50 Jahre nach seinem Tod werden immer noch Bücher und Aufsätze geschrieben, deren Autoren sich immer noch auf eine Analyse des Absurden und der Revolte beschränken, ohne die Kunst im Werk von Albert Camus in den Blick zu nehmen: „L’art et la révolte sont confondus chez Camus dans la recherche d’une unité universelle, ses amis partagent la même enquête.“ (S. 67) schreibt E. Cazenave.

Die vielen Abbildungen von Werken der Künstler, mit denen Camus freundschaftlich verbunden war, und von denen einige, wie Pierre-Eugène Clairin für Noces, auch die Illustrationen für seine Bücher geliefert haben, machen aus diesem Buch ein beeindruckendes Zeugnis für die enge Verbindung von Kunst und Literatur in seinem Werk. Nach einer kurzen biographischen Einleitung folgen Kapitel über das Mittelmeer mit Abschnitten über Tipasa und Djemila, die Villa Abd-El-Tif, in der von 1907-1962 87 Künstler gearbeitet haben und über Realtität und Mythos. La Maison de la culture, das 1936 in Algier gegründet wurde, zusammen mit dem Theater (1936-1939) und dann die Berichte über das journalistische Engagement von Camus illustrieren sehr nachhaltig seinen Hinweis auf die Kunst, so, wie er ihn in seiner Nobelpreisrede formuliert hat: Die Kunst gehört nicht dem einzelnen Künstler, sie muss sich an alle richten.

Im Anhang dieses Buches werden über sechzig Künstler von Maurice Adrey (18-99-1950) über Sauveur Galliéro (1914-1963), Richard Maguet (1896-1940) bis Marie Viton (avant 1900-1950) mit ihren Beziehungen zu Camus vorgestellt.

Nach der Lektüre dieses Bandes darf man sich zu Recht fragen, wieso die Bedeutung und die Tragweite der Kunst im Werk von Camus so lange unterbewertet oder gar übersehen wurde? Es ist der Autorin dieses Bandes in eindrucksvoller Weise gelungen, die in diesem Band versammelten Abbildungen von Kunstwerken keinesfalls als bloße Illustrationen vorzulegen, auch nicht immer wieder das Absurde als Lebensanschauung Camus‘ endlos zu wiederholen, sondern es nur als eine Diagnose zu erwähnen, nach der man sich wieder der Handlung und damit auch der Kunst als ein Mittel die Welt zu beschreiben zuwendet. Das Buch erscheint zum richtigen Zeitpunkt, ist es doch eine sehr treffende Ergänzung für viele Biographien Camus, die die Tragweite der Kunst, in Le mythe de Sisyphe, in La peste oder in L’homme révolté nicht ihrer Bedeutung entsprechend wahrnehmen. In seiner Nobelpreisrede hat Camus die Kunst unmißverständlich in das Zentrum seines Werkes gerückt. Er hat sich allerdings auch in ihr gegen den Mißbrauch der Ideologien verwahrt.

Man darf aber doch anmerken, dass Jean-Paul Sartre in diesem Band nicht erwähnt wird. Bedenkt man sein sehr ausgeprägtes Interesse für die Kunst, z. B. seine Rezension des L’étranger und an die Freundschaft, die beide bis zu ihrem Streit verbunden hat, so wie den Nachruf den Sartre im Januar 1960 formuliert hat, hätte er in diesem Band nicht fehlen dürfen. Er und Camus haben sich mit ihrem Gesamtwerk für die unaufhebbare Verbindung von Kunst und Freiheit eingesetzt. In bezug auf Camus ist die Kunst in seinem Werk von vielen Autoren nicht erkannt worden. Wird sie berücksichtigt, kann der eigentliche Gehalt und die Bedeutung seines Werks besser verstanden werden. Sartres La Nausée ist nur im Rahmen seiner anderen philosophischen Werke zu verstehen, L’étranger hingegen ist selbst ein Kunstwerk, das die Autonomie der Kunst auf eine sehr nachhaltige Weise illustriert. In diesem Sinn öffnet E. Cazenave neue Perspektiven zum Verständnis seines Werkes.

Heiner Wittmann

Sartre und Tintoretto

Der Künstler verkauft Visionen. Jean-Paul Sartre und Tintoretto

> Sartre und die Kunst

Vortrag. Freitag, 12. 1. 2007, 19 h 30
Institut français, Berlin, Kurfürstendamm 211, U1 Uhlandstraße

Auf Deutsch und Französisch. Der Vortrag wird von Vincent von Wroblewsky gedolmetscht.
Eine Veranstaltung der Sartre-Gesellschaft und des Institut français, Berlin.

„L’artiste, c’est l’ouvrier suprême: il s’épuise et fatigue la matière
pour produire et pour vendre des visions.“
J.-P. Sartre, Le Séquestré de Venise,
in: id. Situations, IV, Paris 1964, S. 319.

Der Maler Jacopo Robusti, genannt Tintoretto (1518-1594), gehört einer ganz anderen Epoche an, als die Künstler, Schriftsteller und Dichter, deren Werke Jean-Paul Sartre in seinen Künstlerstudien untersucht hat. In ihnen hat er ein Verfahren entwickelt, mit der er auch die Gemälde des venezianischen Meisters untersucht.

Es liegen mehrere Fragmente seiner Studie über Tintoretto vor. 1957 wendet er seine psychanalyse existentielle, die er im letzten Kapitel von L’être le néant (1943) beschrieben hat, auf den Künstler an. Im gleichen Jahr verfaßt er den Aufsatz Questions de méthode, in dem der Beitrag der Hilfsdiziplinen (Psychonalyse u.a.) zu seiner progressiv-regressiven Methode erläutert werden. 1961 vergleicht er viele Gemälde Tintorettos untereinander, bevor er 1966 das Bild San Girogio uccide il drago (1558, National Gallery, London) in all seinen Details untersucht. Ein weiteres Fragment erscheint 2005 im Ausstellungs-katalog der Pariser Nationalbibliothek unter dem Titel Un vieillard mystifié (Sartre, éd. M. Berne, Gallimard, Paris 2005, S. 186-190), in dem Sartre das Selbstporträt des Meisters (1585, Louvre, Paris) analysiert. Die Bedeutung der Beziehungen zwischen Theorie und den Künstlerporträts für seine Ästhetik wird mit dem ersten Satz der Flaubert-Studie „L’Idiot de la famille est la suite de Questions de méthode“ ausdrücklich unterstrichen.

Sartre hat mit mehreren, unterschiedlichen Ansätzen die Gemälde Tintorettos untersucht. Dabei wird eine Porträtmethode erkennbar, mit der Sartre Grundsätze seiner Philosophie nutzt, um eine Ästhetik zu formulieren. Wie in seiner Literaturtheorie geht es auch bei Tintoretto um die Mitarbeit des Rezipienten, also hier des Betrachters, den der Maler mittels seiner Maltechnik an der Entstehung des Werks beteiligt. Bei Tintoretto, wie bei den anderen Künstlern, deren Werke Sartre untersucht hat, gehören die Freiheit und die Unabhängigkeit zu den Bedingungen seines Erfolgs.

„Après sa première nuit vénitienne, l’animal touristique seréveille amphibie; il constate en même temps qu’il lui a poussé des nageoires et il retrouvé l’usage de ses pieds. Ce matin, je marche, je vais au hasard … suivant des calli, traversant des ponts, débouchant sur des campi, m’égarant, tombant dans un cul de sac, revenant sur mes pas, repassant par les mêmes calli et les même campi sans trop m’en aviser. “
J.-P. Sartre, La Reine Albemarle ou le dernier touriste, fragments, éd. A. Elkaïm-Sartre, Paris 1991, S. 84.
„A Venise, les Vénetiens sont chez eux. Et il suffit d’un ciel un peu doux, comme ce matin, d’une lumière un peu tendre, gaie come un sourire, pour que le touriste se sente un peu moins touriste, presque vénetien.“ Sartre, op. cit., S. 86
„Au bout d’un certain temps, ce qui m’inquiète c’est presque moral : à moins de monter sur le Campanile de Saint-Marc, Venise est une ville qui se dérobe à toute vue d’ensemble. Elle fuit, vous contraint à vous prendre dans le détail…“ Sartre, op. cit., S. 106
„Venise a ses propres coordonnées : la place Saint Marc, la lagune, les Fondamenta Nuova : elle ignore les points cardinaux. Je me trompais, tout à l’heures, en disant qu’elle fabrique ses vitesse : à l’intérieur de Venise il n’y a pas de vitesse du tout.“ Sartre, op. cit., S. 87.
„L’humidité dans l’air, au ciel. L’eau. Douce humidité, fraîcheur, fond de l’air tiède. Gondole. La gondole c’est exactement un fiacre.“ Sartre, op. cit.,. S. 80.
„Les campis ne sont parcurus par aucune ligne,droite ou courbe : ce sont des étendues de pierre stragnante, de marécages de pierre.“ Sartre, op. cit., S. 88
„L’eau à Venise palpite, elle se dilate et se contracte, dit-on, notre univers. Sorti de la gondole, je reste longtemps à regarder une crème verdâtre à la surface du rio, qui tantôt se resserre, tantôt file doucement vers le canal de la Giudecca, tantôt recule et tantôt s’arrête. Sartre, op. cit., 109
„Venise est la ville qui protège le moins contre l’espace. Le ciel et l’eau sont complices, ils sont trop. L’eau s’enroule sur elle-même, le ciel a un autre genre de foisonnement, il écarte les regards, il éblouit,distend par des épanouissements mats de lumière.“ Sartre, op. cit., S. 104
Links zum Buch Sartre und die Kunst Sartre-Gesellschaft Bibliographie Colloque, GES, Paris
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