Wahlkampf im Internet

Manuel Merz/Stefan Rhein (Hg.):
Wahlkampf im Internet
Handbuch für die politische Online-Kampagne
2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
LIT Verlag, Münster 2009
ISBN 978-3-8258-9262-3

Wahlkampf im Internet wurde von Manuel Merz und Stefan Rhein herausgegeben. Es ist die zweite Auflage des 2006 erschienen Bandes, dessen Untertitel Handbuch für die politische Online-Kampagne lautet.

Dieser Untertitel verät die Zielgruppe des Buches. Es richtet sich an Kandidaten, die gerne zusätzliche Prozentpunkte mittels eines Online-Wahlkampfes holen würden, aber bisher keine oder kaum Ahnung von den heutigen Möglichkeiten der vielen Internet-Anwendungen haben. In genau dieser Hinsicht kommt der Band zur kommenden Bundestagswahl wahrscheinlich ein bisschen zu spät. Analysiert man die Websites aller im Bundestag vertretenen Parteien, so ist die Anzahl der Funktionen oder Aktionen, die die Besucher der Wesbites zum Mitmachen, neudeutsch Partizipation, auffordern, sehr gering, umso wichtiger ist dieses Buch. Einige Parteien und Kandidaten haben schon einen Facebook-Account, laden Videos bei YouTube hoch oder haben auch schon vereinzelt mal einen Blog. Insgesamt ist das Ergebnis einer solchen Analyse sehr ernüchternd, zumal wenn man die deutsche politische Web 2.0-Landschaft mit der Intensität des amerikanischen Wahlkamps ( Blogs in den USA) Blogs in den USA) oder mit dem Wahlkampf zur französischen Präsidentschaft – blogopole.observatoire-presidentielle.fr/ – vergleicht. Damit ist die Lücke angedeutet, die der vorliegende Band bestens ausfüllen kann.

Den Kapiteln “Strategischer Online-Wahlkampf” und “Organisation der Onlinekampane” folgt eine Aufzählung der wichtigsten Internetanwendungen von E-Mails über Blogs bis Downloads, deren Funktion, Aufbau, Vor- und Nachteile erläutert werden. Sehr spannend ist das Kaptel “Fallbeispiele”, in dem einzelene AKtionen, Websites, Wahlkampfportale und Entwicklungen des amerikanischen Wahlkampfs vorgestellt werden, wenn auch viele Beiträge sich auf 2004 beziehen, nur ein Abschnitt bezieht sich auf den Wahlkampf von 2008. Eine noch gründlichere Überarbeitung dieses Kapitels hätte dem Buch sicherlich gut getan. Das ist aber nicht sehr bedauerlich, weil der amerikanische Wahlkampf 2004 auch vielen unserer heutigen Partein-Websites voraus gewesen zu sein scheint. – Liegt das daran, dass bei uns viele Kandidaten auf ihren sicheren Listenplatz vertrauen?

Die vielen Fremdworte, die vielen Spezialausdrücke können Wahlkampfneulinge sicher verwirren. Nimmt ein Wahl-Neuling dieses Buch zur Hand, ohne bisher von Web 2,0 gehört zu haben, ist er möglicherweise hinterher nicht viel schlauer. Die Kandidaten meines Wahlkreises, denen ich bisher eine seriöse E-Mail geschickt habe, ohne eine Antwort zu bekommen, würden von der Lektüre dieses Buches möglicherweise in Form einiger und manchmal sogar entscheidender Prozentpunkte profitieren können. Es geht nicht um eine Verlagerung des Wahlkampfes ins Internet, es geht einfach um die Möglichkeit, Wähler direkter anzusprechen. In diesem Zusammenhang müsste in diesem Buch die Notwendigkeit, Web 2.0-Anwendungen aufgrund der eigenen Kampagne richtig zu mixen, viel deutlicher hervorgehoben werden. Die Autoren dieses Buches kennen solche Probleme, sind sich ihrer sicher bewußt und beantworten im Kapitel 5 “Fragen aus der Praxis”, deren Antworten rundweg nützliche Hilfestellungen geben.

Die Website zum Buch Wahlkampf im Internet verdient aufgrund ihres Themas wesentlich mehr Links, die auf sie verweisen. Einfache Tricks, die Wirkung der eigenen Website zu überprüfen, oder die eigenen Seite im Suchmaschinenranking ganz oder möglichst weit nach oben zu bringen, würden sicher auch manchen Kandidaten nützen Eine Linkliste mit den Websites der Parteien, Online-Ergänzungen für das Buch, eine Liste politischer Blogs, die sich mit dem Wahlkamp beschäftigen, also aktuelle Informationen, wie sich der Online-Wahlkampf entwickelt – www.wahlradar.de oder www.parteigefluester.de – würden die Bekanntmachung des Buches sicher erleichtern. Während der Analysen der Online-Aktivitäten der Parteien in den letzten Jahren ( Blogs in Frankreich und Deutschland) ist dieses Buch nicht aufgefallen. Richtig zu spät kommt es aber nicht, da jederzeit Kanidaten und Parteimitglieder hier nützliche Anregungen finden können.

Übrigens: Jeder Link auf die Website des Buches zählt, deshalb sollte auch der Link des Verlagsseite auf die Website zum Buch anklickbar sein.

Heiner Wittmann

Wird E-Learning das Lernen verändern?

Nicolas Apostolopoulos, Harriet Hoffmann, Veronika Mansmann, Andreas Schwill (Hrsg.),
E-Learning 2009. Lernen im digitalen Zeitalter
Waxmann, Münster 2009.
ISBN 9783830921998 (ISBN: 3-8309-2199-3)
432 Seiten, Paperback, 2009.

Noch immer gibt es viele unterschiedliche Meinungen, ob das Lernen mit elektronischer Unterstützung effektiver ist und zu besseren Lernergebnissen führen kann. Ist der PC ein Lehrerersatz? Kann ein PC die Motivation eines Lernenden unter bestimm-ten Umständen günstig beeinflussen? Hilft er beim dezentralisierten Lernen? Welche Rolle spielt das Internet bei neuen Lernformen? Können bestimmte fachgebundene Verfahren oder Methoden mit Hilfe der Computertechnik neu gefaßt oder mit ihrer Hilfe weiterentwickelt werden? LNoch immer gibt es viele unterschiedliche Meinungen, ob das Lernen mit elektronischer Unterstützung effektiver ist und zu besseren Lernergebnissen führen kann. Ist der PC ein Lehrerersatz? Kann ein PC die Motivation eines Lernenden unter bestimmten Umständen günstig beeinflussen? Hilft er beim dezentralisierten Lernen? Welche Rolle spielt das Internet bei neuen Lernformen? Können bestimmte fachgebundene Verfahren oder Methoden mit Hilfe der Computertechnik neu gefasst oder mit ihrer Hilfe weiterentwickelt werden? Lohnt sich der immense technische Aufwand hinsichtlich der zu erwartenden Lernergebnisse? Können Computerprogramme Lernergebnisse in irgendeiner Form bewerten und für die Lerner individuelle Förderungen bereitstellen? Das immer noch neue Stichwort Web 2.0, das als Schlagwort das Mitmach-Internet umschreibt, scheint dem Internet mit soziale Medien ganz neue Perspektiven zu eröffnen, deren Auswertung in vielen Bereichen des Lernens noch gar nicht realisiert, geschweige denn wirklich untersucht worden sind.

Stellt man sich diese und ähnliche Fragen, kommt der Band E-Learning 2009. Lernen im digitalen Zeitalter gerade im richtigen Moment und pünktlich, druckfrisch kurz dem Ende der Tagung und verspricht Forschungsergebnisse auf aktuellem Stand. Rund 100 Autoren, die zusammen 37 Beiträge verfasst haben, bieten in diesem Band einen aktuellen Überblick über alle Themenbereiche des “Lernens im digitalen Zeitalter”. Der Band ist das Ergebnis der Tagung mit dem gleichnamigen Titel E-Learning 2009. Lernen im digitalen Zeitalter, die als 14. Jahrestagung von der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) ausgerichtet wurde und an der FU in Berlin vom 14. – 17. September 2009 stattgefunden hat.

Die Versuchung ist groß, den Inhalt jeden Beitrags hier zu referieren, da jeder von ihnen interessante Teilaspekte vorstellt, die sich wie Mosaikbausteine zu einem Gesamtüberblick vereinen lassen und den Veranstaltern der Tagung tatsächlich einen Erfolg bescheinigen. Ihnen ist es gelungen, die vielen Autoren dieser Beiträge zu einem konzentrierten Überblick über dieses Thema zu vereinen, die zunächst eine unglaubliche Vielfalt wiedergeben, aber dennoch zielgerichtet einige Hauptthesen vorstellen und ihre Bewertungen diskutieren.

Die Aufsätze sind in drei Kapitel gegliedert: Neue Lernkulturen – Nachhaltige Veränderungen durch E-Learning, Neue Entwicklungen im E-Learning und Institutionalisierung von E-Learning.

Die Mehrzahl der Beiträge in diesem Band beschäftigt sich mit theoretischen Grundlagen des E-Learning, mit den notwendigen wissenschaftlichen Definitionen und mit Evaluierung von Perspektiven. Es fällt auf, dass Inhalte der Lehre und einzelne Fächer kaum oder höchsten nur am Rand (Wirtschaftsinformatik, S. 19) genannt werden. Ohne Zweifel gibt es Fächer und Themen, wie auch viele Methoden des Spracherwerbs, für die Formen des E-Learning sehr viel besser geeignet sind, als zum Beispiel für philologische Fächer, bei denen oft das Lesen im Vordergrund steht.

Gudrun Bachmann, Antonia Bertschinger, und Jan Miluška sprechen sich in ihren Beitrag E-Learning ade – tut Scheiden weh? dafür aus, den Begriff des E-Learning zu vergessen, ihn nicht mehr zu verwenden, sondern künftig nur noch von “Neuen Medien in der Lehre” zu sprechen. Recht haben sie! Das Lernen mit der Unterstützung durch einen Computer mit einem Lernprogramm hat immer noch mehr mit dem Intellekt des Schülers oder des Studenten als mit der Elektronik zu tun. Vielleicht war es Anfang dieses Jahrtausend die Faszination, die das elektronisch gestützte Lernen auf Didaktiker ausübte, die zu dem Begriff E-Learning geführt hat und die das bloße Mittel gleich zur Bezeichnung der Lernmethode erhob und den Blick auf die vielen Möglichkeiten ganz unterschiedlicher Ansätze computergestützen Lernens verstellte. Be-gnügt man sich auf die Nennung der Neuen Medien, wird das Kreativitätspotenzial erkennbar, das mit ihnen verbunden ist.

Die Beiträge im ersten Teil des Bandes Neue Lernkulturen – Nachhaltige Veränderungen durch E-Learning, stellen Lernverfahren vor, die mit Hilfe der Computertechnik im Verbund mit dem Internet entwickelt wurden. Aber gerade hier fehlen oft praktische Bezügen zu den Inhalten, wodurch der Eindruck entsteht, die technischen Voraussetzungen liegen vor, jetzt werden Anwendungsgebiete gesucht. Der Einsatz von “Lerntagebüchern / Blog” hieß zu Zeiten vom Lernen 1.0 ganz einfach Mitschrift, die man auch schon mal einem Kommilitonen überließ. Elektronisch gestütztes Lernen ist eine willkommene Hilfe für standortunabhängige Lernszenarien. Einige der vorliegen-den Beiträge liefern dazu nützliche Beurteilungskriterien und zeigen mögliche künftige Entwicklungslinien auf.

Elektronisches Lernen kämpft oft mit notwendigen und technisch bedingten Einschränkungen. Computerprogramme können Antworten der Lernenden nur dann evaluieren, wenn ihnen die Antworten in irgendeiner Form vertraut sind, oder ihnen die Analyse und die Beurteilung in einem komplizierten Prozeß, der kaum realisierbar ist, beigebracht worden ist. Folglich müssen sich die Autoren von Lernprogrammen oder Lernumgebungen – mit diesem Begriff geht man vielen Schwierigkeiten aus dem Weg – zunächst auf die Definition von didaktischen Konzepten und Einschränkungen konzentrieren, mit denen der Einsatz elektronischer Unterstützungen erst möglich wird. “Entwurfsmuster”, so wie Christian Kohls sie vorstellt, gehören in diesen Bereich, wenn es darum geht “Komplexität zu reduzieren”, also Lernthemen den Neuen Medien anzupassen. Die “Patternbeschreibung” bei www.e-teaching.org dient solchen Zielen. Die wissenschaftliche Begleitung dieser Lernformen ist sinnvoll und führt zu überzeugenden Ergebnissen, solange man die Vermittlung der Inhalte aus der Perspektive der Neuen Medien betrachtet. Ob allerdings spezifische Inhalte, die über die Vermittlung von Informationen hinausgehen, auf die elektronische Weise wirkungsvoller vermittelt werden, würde nur durch die Konkretisierung von Anwendungsszenarien einsichtig werden. Der Einsatz von Neuen Medien kann auch ganz einfach zu einer Reizüberflutung führen, die den Studenten die Fähigkeit entzieht, eine Vorlesung zu verfolgen und eine nützliche Mitschrift anzufertigen, die ihnen die Fähigkeit vermittelt, nach der Vorlesung die Kernaussagen der wiederzugeben und zu behalten.

Die Beurteilung von Lehre und Unterricht wird durch den Einsatz elektronischer Mittel gefördert, man könnte auch noch sagen auf die Spitze getrieben. Melanie Paschke, Matthias Rohs und Mandy Schiefner haben in ihrem Beitrag Vom Wissen zum Wandel beispielhaft an einem Blended-Learning-Kurs gezeigt, wie die Evaluation durch die Teilnehmer dazu beitragen kann, das “didaktische Design” = Lehrmethode einer Veranstaltung günstig zu beeinflussen. Auch in diesem Beitrag fehlt jeder thematische Bezug, dadurch entsteht der Eindruck einer gewissen Beliebigkeit der didaktischen Überlegungen, die sich trotz des guten Willens der Autoren von den Inhalten des Studiums entfernen. Auch hier gilt, dass das Lernen mit Hilfe der Neuen Medien in bestimmten Fächern mehr Erfolg haben kann als in andern Fächern. Die Art und Weise, wie die Autoren dieses Beitrags, Studenten nach der Evaluation von Lehr- und Lernstrategien befragen (S. 78 f), lassen eine merkwürdige Distanz zu den Inhalten erkennen. Ob sich dahinter die Vorlesung eines Historikers oder eines Juristen verbirgt? Aber das ist vielleicht eine grundsätzliche Frage von Evaluationen im Hochschulbereich, die über die Fragestellungen von Bewertungen im Bereich des E-Learning weit hinausgeht.

Jutta Pauschenwein, Maria Jandl und Anastasia Sfiri haben in ihrer Untersuchung zur Lernkultur in Online-Kursen verschiedene Formen von E-Tivities mit Hilfe der Aussagen der Studenten evaluiert. Den Autoren gelingt es, interessante Ansätze vorzustellen. Ihre Konzentration auf die Lernenden der beobachteten Kurse übergeht aber an manchen Stellen die didaktischen Vorstellungen derjenigen, die die Kurse geleitet haben. Eine solche Konzentration auf Lernergebnisse aus Lernersicht ist wiederum eine Folge einer Intensivierung von Evaluationsformen, die der Hochschullehre nicht immer förderlich ist. Ein solche Eindruck entsteht, wenn das Feedback sich zunehmend auf di-daktische Fragen oder gar nur auf Fragen der Lernorganisation beschränkt und die inhaltliche Diskussion immer mehr zurückdrängt.

Rolf Schulmeister trägt mit einem Beitrag Studierende, Internet, E-Learning und Web 2.0 zu einer Ernüchterung und einer Ausgewogenheit dieses Bandes bei. Seine Skepis gegenüber dem tatsächlichen Gebrauch und Einsatz von Web.2.0 ist nur zu sehr be-rechtigt. Betrachtet man die Ergebnisse der mg-studie, die er zitiert (S. 131) kann man den Eindruck gewinnen, dass außer dem Kommunikationsangebot des Internets bei Schülern und Studenten und vielleicht noch das Nachschlagen in einer Online-Enzyklopädie kaum etwas anderes hängenbleibt. Schulmeiser dreht die enttäuschenden Ergebnisse seines Beitrags in Positive und erklärt, dass Studenten “eine sehr pragmatische und rationale Einstellung zum Gebrauch der Neuen Medien einnehmen” (S. 140), wobei aber nicht vergessen werden darf, dass nur 1,7 Prozent seiner befragten Studenten an das Veröffentlichen eigener Texte im Internet denkt. Ach. hätte ich doch im Studium dach auch schon meine Internet-Seite mit den Rezensionen gehabt.

Auch Birgit Gaiser und Anne Thillosen widmen ihren Beitrag dem Web 2.0: Hochschulehre 2.0 zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Mit ihren Überlegungen zur “Um-strukturierung der klassischen universitären Vorlesung” (S. 191) bin ich allerdings gar nicht einverstanden. Die einmalige Vorlesung, die den Studenten Konzentration und den Aufbau von Sachkenntnis abverlangt ist nicht durch die überall wieder abspielbare Podcastkino zu ersetzen, sie ist so allenfalls im Sinne einer Dokumentation also einer späteren Veröffentlichung zu ergänzen. Die Überlegungen, die die Autorinnen hier vortragen, entstehen nur durch die technischen Möglichkeiten, sie sind nicht aufgrund inhaltlicher Bedürfnisse gerechtfertigt. Wikis und die “Praxis kollektiven Schreibens” sind ebenfalls technikgetrieben, so wie Beiträge in Wikipedia sich zu einem Spiel wie die stille Post entwickeln, wenn anonyme Autoren Einträge mit dem Antrieb sie in ein bessere Format zu bringen, inhaltlich deformieren ohne bereit zu sein, ihre eigene Identität aufzudecken. Und so kommen wir wieder zu der Frage, ob neudeutsch kollaboratives Lernen unbedingt nur eine Folge von E-Learning sein muss. Die Autorinnen sprechen von “hypertextueller Struktur” und meinen damit die Verweise in alle Richtungen. Wikipedia-Artikel haben oft solche Verweise, die ihren Autoren nützlich er-scheinen, die oft nur wegen ihrer vordergründigen Nützlichkeit gesetzt werden, aber keine inhaltliche Relevanz haben. In den Geisteswissenschaften haben Indizes einen ganz praktischen Sinn, aber die Verweise innerhalb von Texten sind nur selten geeignet, Einsichten und Wissen zu vermitteln. Die Beschreibung von Wikis und Podcasts in der Hochschullehre reicht nicht aus (S. 192), um daraus “bereits eine Veränderung der akademischen Lernstruktur” abzuleiten. Gabi Reinmann fragt iTunes oder Hörsaal? Ihre Zusammenfassung S. 265 f.) zeigt, dass sie sich des Problems, das schon durch den Titel ihres Beitrags aufgeworfen wird, bewußt ist. Es geht um die “bloße Rezeption von Inhalten”, die sie “interaktive[n] und soziale[n] Prozesse des Lernens gegenüberstellt”. Anstatt zu einer Verhärtung beizutragen, will sie moderne Technologien, nutzen, um “eine neue Kultur der mündlichen Weitergabe wissenschaftlichen Wissens zu entwickeln.” (S. 266)

Brigitte Grote und Stefan Cordes konzentrieren sich in ihrem Beitrag Web 2.0 als Inhalt und Methode in Fortbildungsangeboten zur E-Kompetenzentwicklung ebenfalls auf die technischen Möglichkeiten und akzentuieren in dem Titel ihres Beitrags das E. Man kann den Beitrag der beiden Autoren auch als eine soziologische Fragestellung verstehen. Ihr Erstaunen, dass vernetztes Lernen für viele Teilnehmer der von ihnen beobachteten Kurse ungewohnt ist, hängt mit der Erwartungshaltung der Autoren zusammen. Vernetztes Lernen im Web 2.0 ist in sich nichts Neues. Web 2.0 und Social media stellen hier nur Plattformen oder Websites zur Verfügung, mit der real vorhandene Prozesse abgebildet oder unterstützt werden können. Wenn aber ein Wiki oder ein Blog oder eine Website mit Rezensionen den Austausch von Informationen unter den Studenten oder gar nicht den Kontakt zu ihren Hochschullehrern verbessert, dann ist viel gewonnen. Und dafür sind die E-Medien ein Hilfsmittel, sie sind überhaupt nicht geeignet, diese Netzwerkbildung zu ersetzen.

Im dritten Teil Institutionalisierung von E-Learning wird eine beeindruckende Zahl von Lehrformen, die an verschiedenen Hochschulen durch die Neue Medien unterstützt werden, vorgeführt. Einerseits wird die Kreativität der an diesen Projekten Beteiligten (“Brückenkurse zur Senkung der Studenabbrecherquoten” S. 208) deutlich, andererseits kann auch der Eindruck entstehen, dass die Neuen Medien über die Bereitstellung von Informations-Angeboten noch nicht hinausgekommen sind. Vernetzungen in alle Richtungen reicht nicht aus, um den sachgemäßen Vorteil für ein Fach unter Beweis zu stellen.

Statt einer Besprechung auf nur einer knappen Seite zeigen nun vier Seiten, wie anregend der vorliegende Band ist.

Heiner Wittmann